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Remy Hadley
House
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Registriert: Fr 4. Dez 2009, 15:46
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Shipper: Huddy, Chirteen
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Fox-Gucker: Nein
Wohnort: kleines Kaff im Erzgebirge

The one, big question [FF]
Beitrag
Titel: The one, big question
Spoiler: keine
Personen: Lawrence Kutner
Pairings: Kutner/Thirteen
Genre: Drama

Was sagt man seinem Kind, wenn es nach der Mutter fragt, und man sich die Frage selbst nicht einmal beantworten kann? Ich habe Jahre gebraucht, um es zu realisieren, doch begriffen, habe ich es nie richtig. Die Bilder ziehen durch meinen Kopf und ich sehe ihnen zu, wie sie langsam immer kleiner und unschärfer werden, bis sie vollständig verschwunden sind. Mein Leben ist leer und schwarz. Ich hatte das gefunden, wonach ich gesucht hatte. Eine Frau, die das perfekte Gegenstück zu mir bildete und mit der ich alt werden wollte. Doch sie war krank. Gemeinsam, sagten wir uns, gemeinsam werden wir es schaffen. Ich erwartete Erfüllung und glaubte, unser Kind könnte unserem Zusammensein nur gut tun. Aber es sollte nicht so sein. Es ist nun beinahe fünf Jahre her, seit meine geliebte Remy mich verlassen hat. Ich stand neben ihr und hielt ihre Hand, ohne auch nur das Geringste für sie tun zu können. Ich habe zugesehen, wie sie starb. Das einzige, was mir danach einen kleinen Halt gab, war unser Kind. Unsere Renata. Remy hatte diesen Namen ausgesucht und sie hatte sich nichts sehnlicher gewünscht, als eine kleine Tochter namens Renata, obwohl sie vorerst noch ihre Bedenken erwähnte und Angst davor hatte, dass die Kleine ihre Krankheit erben könnte.

‚Wenn sie später fragen wird, warum ich nicht für sie da bin,‘ hatte Remy gesagt, ‚dann sag ihr, dass ich immer auf sie aufpasse und sie beschütze.‘ Tränen sammeln sich in meinen Augen, wenn ich an ihre Worte denke.

Doch es ist die wenige Zeit, die wir miteinander hatten, die die Besonderheit darstellt. Wir lebten intensiver, so, als ob jeder gemeinsame Tag der letzte wäre. Und genau so sollte es immer sein.

Renata wächst vor meinen Augen auf, ich beobachte sie, blicke sie mit einer Mischung aus Stolz und Trauer an. Sie sieht ihrer Mutter immer ähnlicher, mit ihren dunklen Haaren und den hellblauen Augen, die langsam in den grünlichen Schimmer übergehen, was mich schmerzlich an die gemeinsamen Abende erinnert, die wir oft hatten. Die Stille, die uns umgab, war heilig. Sie knüpfte ein unsichtbares Band zwischen uns, das uns zusammenhielt. Jetzt sitze ich oft bei spärlichem Kerzenschein im Zimmer und lausche der Stille – sie zeigt mir den Weg zu Remy.

Doch die Jahre verstrichen und hinterließen nichts als Trauer in meiner Seele. Warum kann ich nicht glücklich über meine Tochter sein, die fröhlich und gesund ist? Warum muss ich nur die Gedanken an Remy haften, deren Tod mich vollkommen aus der Bahn geworfen hat? Wenn jemand fragt, schweige ich. Wenn mir jemand helfen will, verweigere ich. Mir ist inzwischen klar geworden, dass es keine Stütze gibt. Entweder lerne ich es zu verstehen, oder nicht. Im Moment bin ich noch immer der Verzweiflung nahe – nach fünf Jahren. In wenigen Tagen hat Renata Geburtstag und ich hoffe inständig, dass sie meine geistige Abwesenheit nicht bemerken wird und sich freut, so wie es sich für ein Kind gehört. Aber mir ist auch klar, dass sie nicht eher Ruhe geben wird, als bis ich ihr eine Antwort auf die noch nie zuvor ausgesprochene Frage gegeben habe. Ich weiß noch immer nicht, was ich sagen soll, da ich meine Gedanken nicht richtig ordnen kann und sich keine Aussage in meinem Kopf formt.

Mit schnellen Schritten kommt sie auf mich zu, umarmt mich. Ich erwidere die Umarmung, kann ihr jedoch nicht das geben, was sie verdient hat: Meine gesamte Liebe. Diese gilt einer Person, die nicht mehr bei mir ist, die ich vermisse, wie ich noch nie jemanden vermisst habe und wegen der ich mir jede Nacht die Seele aus dem Leib weine. Warum hast du mich so früh verlassen? Warum hast du mich nicht mitgenommen? Ich bin immer noch nicht dazu in der Lage, mich wie ein Erwachsener zu verhalten. Zu viel hat mein Leben aufgewühlt und immer wieder wurde ich enttäuscht. Erst die Ermordung meiner Eltern, dann der Verlust meiner geliebten Ehefrau und wenn es das Schicksal noch immer nicht gut mit mir meint, vielleicht auch noch meiner Tochter. Ich will es verdrängen, doch es holt mich immer wieder ein und vernebelt mir die Sinne, bis ich dem Wahnsinn nahe bin.

Wenn Remy von der Zukunft sprach, dann tat sie dies stets behutsam, sich langsam vortastend. Ich habe oft abgeblockt, wenn es zu sehr ins Detail ging, was ich jetzt bereue. Ich wusste, dass sie litt. Mir war klar, dass sie Angst hatte. Und ich hatte auch Angst. Doch nun kommt es mir furchtbar ungerecht vor, dass ich ihr nie richtig zugehört habe. Sie wollte nie mit jemandem über ihre Krankheit sprechen, wollte niemanden mit ihren Problem belasten und selbst damit fertig werden, doch das konnte sie nicht. Mir hätte sie sich anvertraut, doch ich wollte es nicht hören, sodass sie es wieder und wieder in sich hineingefressen hat, bis sie nicht mehr konnte. Hätte ich heute noch einmal die Wahl, ich würde ihr alle Zeit der Welt schenken, um sich auszusprechen. Doch diese Erkenntnis bringt sie mir auch nicht wieder zurück, so sehr ich es mir auch wünsche.

Die Tage werden langsam kälter und draußen wehen die Blätter am Fenster vorbei, so wie es sich für den November gehört. Mir fröstelt, wenn ich hinausblicke und ich ziehe meinen Reißverschluss bis knapp unters Kinn zu. Meine Aufmerksamkeit gilt einer leeren Papiertüte, die tanzend die Straße hinauf gepustet wird und ich vergleiche sie augenblicklich mit meinem Leben. Sie wird dahin getragen, von der Kraft des Windes, immer weiter, immer in die gleiche Richtung, genau so, wie ich vom Strom der Zeit mitgerissen werde, meine Vergangenheit hinter mir lassend, in Gedanken jedoch stets von ihr begleitet. Draußen gehen Passanten vorbei, die Schals bis über den Mund gezogen und die Hände in den Jackentaschen vergraben. Genau so ein Wetter herrschte an Renatas Geburtstag. Ich erinnere mich an den Tag, als ob es gestern gewesen wäre, ein erwartungsvoller, glücklicher Lawrence Kutner hatte im Krankenhaus auf die freudige Botschaft gewartet. Diesen Mann gibt es jetzt nicht mehr. Er ist mit seiner Frau gestorben. Übrig geblieben ist nur ein Schatten jener Persönlichkeit, einsam, mutlos und abgewandt.

Ich gehe in das Kinderzimmer, als ich bemerke, dass es schon auf acht Uhr zugeht, um meine Tochter ins Bett zu bringen. Mit ihren kleinen Händen streichelt sie mir liebevoll über die Wangen und ich habe große Mühe, meine Tränen zurückzuhalten, mit denen ich versuche meine Trauer aus dem Kopf zu spülen. Nachdem ich leise die Zimmertüre hinter mir geschlossen habe, wandere ich noch einige Minuten durchs Haus, schaue mir Bilder an den Wänden an, die glücklichere Tage aus meiner Vergangenheit zeigen. Aus unserer Vergangenheit. Ein Bild ist dabei, was ich umgedreht an die Wand gehängt habe, da ich es nicht anschauen kann. Seit Remys Tod habe ich es mir nicht mehr angesehen, es würde nur die schmerzlichen Erinnerungen zurückbringen, die mich schon zur Genüge bis in den Schlaf verfolgen. Es zeigt uns beide. Ich habe es auch in meinem Kopf, wenn ich es nicht anschaue. Remy ist hochschwanger und liegt mit einem glücklichen Lächeln in meinen Armen. Schließlich gehe ich ins Badezimmer und in mein Bett. Es fühlt sich schon lange so kalt und leer an, wenn ich mich hineinlege, so vereinsamt. Manchmal habe ich den Wunsch, Renata zu mir zu holen, damit ich nicht allein bin, doch ich tue es nie. Schlafen kann ich auch heute wieder nicht. Ich kann nie schlafen, habe Angst, dass ich von Remy träumen könnte und nicht mehr aufwachen will, nur um bei ihr sein zu können. Doch es sind nur Träume. Nur Träume. Ich klammere mich an ihnen fest, als ob sie real wären. Mein Blick haftet noch lange an der kreisrunden Mondscheibe, die am tiefblauen Himmel hängt und mir meine Teure ein Stück weit zurückbringt. Ich fühle mich ihr näher, wenn es Vollmond ist, ganz so, als wäre es ihr silbrig glänzendes Antlitz, das sich am fernen Firmament erhebt und auf mich herabblickt.

Nun sind auch die letzten Tage verstrichen, ohne dass sich mein Leben bedeutend verändert hätte und ich stehe an Renatas Geburtstagsmorgen früh auf, um ihr eine schöne Überraschung zu bescheren. Den Tisch schmücke ich mit Rosenblüten, so wie Remy es immer an meinem Geburtstag getan hat und in die Mitte stelle ich fünf Kerzen. Drum herum sind schon die Geschenke aufgebaut, die ich mit viel Liebe und Ungeschick eingepackt habe. Doch es gibt noch etwas anderes, was ich meinem Kind heute zeigen möchte. Der Gedanke reifte in der vergangenen Nacht ganz spontan in meinem Kopf und ließ mich nicht mehr los. Ich schleiche also auf Zehenspitzen in Renatas Zimmer und setze mich vorsichtig auf ihre Bettkante. Müde regt sie sich im Halbschlaf und ich streiche ihr die langen, dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Mit ihren verschlafenen Augen blickt sie mich nach einer Weile an. Auf ihren Lippen bildet sich ein Lächeln, das ich sonst nur von einer Person gekannt habe und ich nehme sie glücklich in den Arm, gebe ihr tausende Glückwünsche mit in ihr neues Lebensjahr. Ich nehme sie in den Arm und trage sie behutsam zu ihrem Geschenketisch, während sie sich mit ihren dünnen Beinen um meinen Oberkörper schlingt. Ihre Augen leuchten wie Sterne, als sie die Kerzen und die Päckchen entdeckt, die sie auch sofort auspackt. Schmunzelnd sitze ich auf einem Stuhl neben ihr und empfange tausend Küsse, obwohl es nur Kleinigkeiten sind. Sie machen sie glücklich und wenn sie es ist, dann bin ich es auch.

Nachdem wir gemütlich zusammen gefrühstückt haben, nehme ich sie an die Hand und führe sie in den Flur, wo ich ihr den Anorak anziehe, ihr die Schuhe binde und den Schal um den Hals wickle. Vorerst sieht sie mich mit ihren großen, blauen Augen verständnislos an, dann nehme ich sie erneut bei der Hand und gehe mit ihr hinaus in die Stadt. Der Wind hat sich seit den letzten Tagen nicht gelegt und wir müssen aufpassen, dass wir auf unseren Füßen bleiben. Aufgeregt schaut sie sich um, erwartungsvoll, was sie erwarten wird. Jetzt ist mir etwas unwohl in meiner Haut, denn ich weiß plötzlich nicht mehr, ob es die richtige Entscheidung ist. Unterwegs machen wir an einem Blumenfachgeschäft halt und ich kaufe einen großen Strauß roter Rosen. Überwältigt von der Schönheit der Blumen, steckt Renata ihre Nase in das Blütenmeer und strahlt mich an. Sie fragt mich nun zum wiederholten Male, wohin wir gehen, doch ich sage ihr nur, dass es eine Überraschung wird und ich es ihr noch nicht verraten möchte.

Kurz bevor wir unser Ziel erreichen, verlangsame ich meine Schritte. Ich werde immer unsicherer und spiele mit dem Gedanken, umzukehren. Doch Renatas neugieriger Blick hält mich davon ab und ich verfestige den Griff um ihre Hand, als ich das große Eisentor aufschiebe und den ersten Fuß auf den weichen Boden setze. Renatas hopsende Schritte ändern sich in ein andächtiges Schreiten, bis wir vor dem dunkelgrauen Granitstein stehen und innehalten.

REMY HADLEY
*10.03.1984
† 16.11.2012

Stärker als der Tod
ist doch die Liebe!

Noch nie zuvor habe ich meine Kleine mit hierhergenommen. Vorsichtig lege ich den Rosenstrauß auf den fast schon gefrorenen Erdboden. Meine zitternden Finger streichen behutsam über den eiskalten Stein und halten über den eingravierten Buchstaben inne. Als ich die Hand zurückziehe, blicke ich Renata zum ersten Mal an. Ihre Augen gleiten immer wieder über die Inschrift.

„Wer ist das?“ – „Deine Mutter, Renata. Deine Mutter.“ Die Kleine senkt den Blick und sieht dann erneut auf den Granit. „Wieso steht dort mein Geburtsdatum?“ Ich weiß zuerst nicht, was ich sagen soll, blicke dann allerdings zum nebelverhangenen Himmel hinauf und scheine meine Remy lächeln zu sehen. „Weil deine Mutter an diesem Tag ihr Leben für deines gegeben hat.“

Schweigend verlassen wir die letzte Ruhestätte meiner geliebten Frau. Ich fühle mich besser als die gesamten letzten Jahre. Ich fühle mich befreit und es tut gut, es mit jemandem zu teilen, auch wenn es nur meine fünfjährige Tochter ist. Schützend lege ich meinen Arm um ihre Schultern und laufe mit ihr zurück zu unserem Haus. In meinem Gesicht zeigt sich Stolz und vielleicht auch ein kleines Lächeln.
Zuletzt geändert von Remy Hadley am Mi 17. Nov 2010, 22:27, insgesamt 3-mal geändert.
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"You spend your whole life looking for answers, because you think the next answer would change something, maybe make you a little less miserable. And you know that when you run out questions, you don't just run out of answers. You run out of hope. You glad you know that?"(13)

“There is a sacredness in tears. They are not the mark of weakness, but of power. They speak more eloquently than ten thousand tongues. They are messengers of overwhelming grief...and unspeakable love.”(Irving)